Unter Seinesgleichen - 2. Dezember 2009
Bei starkem Regen sitzen wir in einer Foodhall in Auckland und essen unsere 85- bis 89ster Burger dieser Weltreise (!). Hinter uns sitzt ein Mann, dessen Körper überzogen ist mit Tätowierungen ... selbst sein Gesicht ist mit derselben geschmückt! Sehr gewöhnungsbedürftig... An Romans Blick erkenne ich, dass eine verbale Bemerkung nicht weit entfernt ist und da gingge ich ihn unter dem Tisch und sage: „Roman, pass auf, was du sagen wirst! Das könnte ein Schweizer sein!“ Er wiederum schaut den Mann noch intensiver an, dann mich und sagt: „SICHER NICHT!“ Seinen Kommentar, der wohl nicht sehr nett ausgefallen wäre, hat er unterdessen vergessen und streitet sich dafür lieber mit mir über das Herkunftsland des Mannes.
Wir essen weiter und unterhalten uns dabei. Plötzlich steht der Mann hinter uns und sagt im breitestem Bärndüütsch: „Ghööre‘ni Schwiizerdüütsch?“ Ich hatte also Recht! Roman kann es kaum fassen! Wir beginnen zu plaudern, er erzählt uns, dass er letzte Nacht unter einem Gebüsch geschlafen hat und dass er heute weiterreisen würde zu einem Maori, der Tätowierungen macht ... und dass er dann noch nach Singapur gehen werde, an eine Tattoo-Messe, als lebendes Ausstellungsmodell so zu sagen. Er versucht heraus zu finden, wo wir denn unsere Tätowierungen verstecken würden. Als wir ihm so zirka zum fünften Mal erklären, dass wir wirklich keine hätten, versteht er die Welt nicht mehr und will uns unbedingt zum Maori mitnehmen. Da wir aber morgen früh weiterfliegen, ist dies leider nicht möglich (wir sind darüber nicht sehr traurig, er findet es sehr, sehr schade)!
Kaum sind wir mit Ernst aus Bern so in ein Gespräch verwickelt, kommt schon der Nächste zu uns. Ein Belgier (ebenfalls mit Tattoos übersät) und zeigt uns all seinen Körperschmuck. Ernst muss es ihm gleich tun und so stehen diese beiden Männer bald halbnackt im Mall. Der Belgier erzählt uns, dass er 36 und ein Fünfling sei (also vier identisch aussehende Brüder habe ...!) und, dass er gestern im Kasino alles Geld verloren hätte und er nun nur noch fünf Dollar auf sich habe, das Parkhaus beim Kasino koste aber deren zehn, sein Handyakku sei auch noch leer und so könne er sein Auto nicht auslösen, darum hause er seit gestern auf der Strasse. Arme Sau!
Wir unterhalten uns prächtig und so spontan, wie wir uns alle kennen gelernt haben, gehen wir auch wieder auseinander. So müssen wir vier alle feststellen, dass obwohl wir unser Hab und Gut auf 14 kg pro Person reduziert haben und auf engem Budget betreffend Übernachtungen leben, unsere Behausungen nach wie vor SEHR, SEHR luxuriös sind - im Vergleich zu jenen dieser Herren!