Tagebuch einer Frachtschiffsreise Tag 0 - 2. April 2010

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Eigentlich sollten wir um 18.30 Uhr abgeholt werden von einem Schangli unseres malaysischen Agenten. Dieser taucht aber schon um 17 Uhr auf und verkündet, dass die Anke Ritscher mit Verspätung eingelaufen sei und er uns darum erst um 21 Uhr abholen werde. Na dann, warten wir eben bis 21 Uhr. Wir sitzen im Crystal Crown Hotel in der Lobby und warten. Um 21.10 Uhr ist immer noch keiner da, so rufen wir den Agenten an und dieser schreit ins Telefon: „WAAAAS, ihr seid immer noch im Hotel!!“ Wie sich herausstellt, wusste er nichts von der Terminänderung und so macht er seinen Schääfchen mächtig Beine und wir sitzen alsbald im Auto.


Die Fahrt dauert und dauert. Wir hatten doch den Frachthafen schon gesehen, aber der war in die andere Richtung .... und nicht so weit entfernt. Wir fahren weiter. Am Horizont erscheint ein Lichtermeer und ein sehr hohes Gebäude mit der Aufschrift ,Westport‘. Hier machen wir Halt und wir müssen zum Zollbeamten und unsere Papiere zeigen. Es gibt einen Stempel in den Pass und den Vermerk, dass wir mit dem Schiff ausreisen. Meine Männer freut‘s.


Wieder ins Auto, an der Security vorbei und da befinden wir uns plötzlich inmitten leuchtender Kranen und Frachtschiffe. Es ist ein überwältigender Anblick! Ich habe mir das Ganze schon recht gross vorgestellt, doch so gross dann doch wieder nicht. Mehrere Frachter sind angedockt und werden entweder gelöscht oder gefüllt. Duzende, ja vielleicht sogar Hunderte von Lastwagen stehen auf der Seite des Bugs und die Container werden mit einer Leichtigkeit auf dessen Ladefläche befördert. Die Kranen heben die Container wie Legoblöcke. 3‘096 Container finden auf der Anke Ritscher Platz! Man stelle sich all die Lastwagen vor, die somit vorfahren!!! Es ist gigantisch, die Logistik, die Geräusche, die Lichter ... unbeschreiblich!


Und da steht sie: Unser Schiff, die Anke Ritscher, ganz still und ruhig lässt sie sich beladen. Wir bekommen alle feuchte Hände, sie ist so gross! Sie ist so mächtig! Wir stehen da und staunen.


Zwei Männer kommen die Brücke herab, packen unser Gepäck und führen uns ins Schiff. Treppe hoch, Passagierbuch unterzeichnen und es folgen ganz, ganz viele Stufen. Überall huschen Männer herum und doch hat jeder kurz Zeit, uns herzlich willkommen zu heissen. Wir sind einfach nur glücklich. Wir werden zu unseren Kabine gebracht. Alles ist sehr ordentlich, sauber und aufgeräumt. Der Schiffsjunge fragt: „Mögt ihr noch kurz etwas essen?“ Er führt uns in die Offiziersmesse und uns wird Käse, Mettwurst, Salami, dunkles Brot und Salat aufgetischt!


Der Master und sein First Officer kommen und stellen sich vor. Beide Norddeutsche Seemänner, drum das deutsche Essen! Haben wir nichts dagegen!


So und mittlerweile haben wir geduscht und das WC ausprobiert - ein Geberit übrigens! Wir haben noch ein schlechtes Gefühl im Bauch, denn der Kapitän wollte unsere Gelbfieberimpfungen sehen, diese haben wir aber nicht... für Indien benötigen wir sie nicht, nur für den Suezkanal seien sie obligatorisch, wir hoffen, dass er die gleiche Informationen hat, wie wir, sonst packen wir heute nochmals die Rucksäcke und müssen aussteigen. Hoffen wir nicht! Ans Schlafen denkt hier noch keiner, dafür sind wir viel zu aufgeregt!